Pressemitteilung zur 4. Strassenkinderkonferenz

Pressemitteilung im Vorfeld der 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder in Deutschland
gefördert durch terre des hommes Deutschland und der Bundeszentrale für Politische Bildung.

Vom 28.9 bis 30.9.2018 wird in der St.Thomas Kirche und auf dem Mariannenplatz in Berlin die 4. Bundeskonferenz der Straßenkinder stattfinden.
Dazu versammeln sich aus vielen Teilen der Bundesrepublik Jugendliche aus Notschlafstellen, aus Hilfeeinrichtungen und diskutieren in zwanzig Workshops über drei Tage ihre Lebenssituation und die der 37.000 Jugendlichen, darunter 7000 Minderjährigen, die bundesweit, zumeist in den Großstädten auf der Straße leben.
Sie sind herzlich eingeladen, am Sonntag, den 30.9.2018, ab 13.00 Uhr dabei zu sein,
wenn rund 30 der über 100 jugendlichen TeilnehmerInnen der Jugend- und Familienministerin Franziska Giffey, dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, Frau Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Katharina Oltmanns vom Kinderhilfswerk terres des hommes und weiteren VerantwortungsträgerInnen die Ergebnisse der Konferenz vorstellen werden.


Die Konferenz sucht einen kritischen Dialog mit der Politik und der Jugendhilfe und entwirft inzwischen eigene Formate, die selbstbestimmt von den Jugendlichen ganz praktisch in Anwendung kommen.
„Wir haben keine Zeit zu warten. Hier tickt Lebenszeit von letztendlich hundertausenden von Jugendlichen in der Bundesrepublik“, sagt Jörg Richert, Wegbereiter der Bundeskonferenzen der Straßenkinder.
Unter der Einbeziehung eines breiten Bündnisses der Zivilgesellschaft und unter Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen hat als Beispiel die KARUNA Sozialgenossenschaft, ein Zusammenschluss von entkoppelten Jugendlichen und breiten Teilen der Gesellschaft: eine Buslinie für Obdachlose konzeptioniert, die bald in Berlin seine Arbeit aufnehmen wird. Sie gibt die Straßenzeitung KARUNA KOMPASS heraus oder entwickelt mit Unterstützung von Google und ARUP eine blockchainbasierte Soforthilfe für Straßenkinder, bundesweit. In all den Aktivitäten sind Jugendliche federführend eingebunden und haben inzwischen Anstellung gefunden. So wie im Genossenschaftszentrum im brandenburgischen Lieberose: Hier arbeiten 3 Jugendliche eigenverantwortlich um das Dorf als Lebensort für seine hier lebenden Menschen und für entkoppelte Jugendlichen aus der Stadt attraktiver zu machen.

„Ihr wollt uns stumm machen, wir aber bleiben uns verbunden und nehmen die Dinge selbst in die Hand“, sagt dazu Laura, Teilnehmerin der Straßenkinderkonferenz, 20 Jahre alt, die aktuell für den Vorstand der KARUNA Sozialgenossenschaft kandidiert und im Genossenschaftszentrum Lieberose arbeitet, bis sie studieren wird.
Sie hat kürzlich die Jugendministerin Franziska Giffey getroffen und mit ihr die Situation von Jugendlichen diskutiert, die keine Chance auf Teilhabe besitzen. „Sie leben am Rand der Gesellschaft weil sie sich auf ihre Eltern nicht verlassen können. Das aber kann doch nicht dazu führen, dass sie wohnungslos auf der Straße landen“, sagt Laura.
Die Konferenzen der Straßenkinder und ihre Jugendinitiative MOMO – The voice of disconnected Youth mit Büros in Berlin, Hamburg und Krefeld und die KARUNA Genossenschaft, dass ist nicht irgendetwas sondern zeigt auf, wie ein lebendiges kooperatives Gesellschaftsmodell aussehen kann, dass Menschen am Rand der Gesellschaft zu GestalterInnen, zu Akteuren macht.
Jörg Richert: „Wir sind unserer Zeit voraus und stellen unter Beweis, was der Soziologe Hartmut Rosa gedanklich aufgeschlüsselt hat. Der Kapitalismus, und das ist keine grundsätzliche Kritik an ihm, ist mit seiner Wachstums­idee ein Auslaufmodell, kann sich aber, wenn er schnell macht, noch reformieren. Die von ihm an den Rand aussortierten Menschen suchen nach Resonanz, nach zwischenmenschlichen, beständigen Beziehungen und können sie finden, indem man mit ihnen demokratische Gemeinschaften gründet, so wie kleine Zellen. Was ist nämlich wenn die eigene Familie destruktiv ist, wenn hier nicht Liebe oberstes Prinzip ist sondern Missachtung und Anpassung? Sie sind keine Inseln, wo man aussteigt, sondern können – wie in Sozialgenossenschaften, die nicht umonst zum Weltkulturerbe gehören – mit hohem Tempo einen Teil der beschleunigten Gesellschaft ausmachen und Lebensräume mit hoher Innovationskraft entwickeln. Das stärkt die demokratische Verfasstheit unserer Gesellschaft und macht, wie in unserem Beispiel, Jugendlichen am Rand erfahrbar, spürbar, dass sie absolut relevant sind. Solange wir Menschen beschämen, sie wegen ihrer sozialen Stellung bestrafen und ausgrenzen, befeuern wir politisch extreme Vorstellungen, insbesondere die vom rechten Rand.
Sozialgenossenschaften mit Familiensinn können grossartige Bonusfamilien sein. Sie können sozialen Halt vermitteln sowie Zugehörigkeit, die keine politische Haltung voraussetzt und die niemanden vor der Tür lässt, weil er beispielsweise kein Geld oder keinen Schulabschluss hat.
Das Bundesjugendministerium und die Kommunen sollten die Gründung von Jugend-Sozialgenossenschaften mit Familiensinn fördern helfen! Das entspannt die Situation im Jugendhilfesystem erheblich und stärkt unsere Demokratie. Auf das Gemeinwohl ausgerichtete Sozialgenossenschaften stärken das gesellschaftliche Immunsystem vor gesellschaftlicher Destruktivität.
Lassen sie uns zügig daran arbeiten, denn schon 2020 werden 100.000 Jugendliche bundesweit auf der Straße leben.
Ihr Kontakt:
KARUNA e. V. + eG
Jörg Richert
0177 22 18 432
karunadeutschland@googlemail.com
www.karunaberlin.de